Maschinenübersetzung | 14.12.2017

Maschinelle Übersetzungen: Wo die Zukunft schon lange begonnen hat

Die Idee der maschinellen Übersetzungen (oder kurz MT, für den englischen Begriff Machine Translation) ist an sich nichts Neues und wurde bereits in den 1950ern das erste Mal live demonstriert. Anbieter wie Google Übersetzer haben in der Zwischenzeit bewiesen, dass mit MT schnell nützliche Übersetzungsergebnisse geliefert werden können, vorausgesetzt, man verfügt über eine gute Internetverbindung. Heutzutage sind diese Art von Technologien, vor allem betrieblich entwickelte Übersetzungsprogramme, für weniger kreative Textarten in der Branche weit verbreitet, um Kunden Zieltexte schneller und günstiger bereitzustellen. Die weltweite Verfügbarkeit des Internets und inhaltsorientierte Marketingkampagnen haben zu einer riesigen Anzahl an Publikationen geführt. Aufgrund von immer globaler werdenden Märkten erfährt der Bedarf an Übersetzungen dieser Inhalte auch weiterhin einen Aufwärtstrend, und der steigende Kosten- und Termindruck ist mitunter dafür verantwortlich, dass MT mit manueller Nachbearbeitung durch Sprachexperten, das sogenannte Post-Editing, für viele Unternehmen eine zunehmend attraktive Option darstellt. Übersetzungen können so im Idealfall nicht nur schneller produziert werden, sie sind auch wesentlich günstiger als manuell erstellte Übersetzungen. Die Vorstellung der neuesten MT-Generation, der neuronalen maschinellen Übersetzung, hat dafür gesorgt, dass MT einmal mehr zum wichtigsten Schlagwort in der Übersetzungsindustrie geworden ist.

Anfänge der maschinellen Übersetzungen

Die ersten Versuche der maschinellen Übersetzungen waren regelbasiert (RBMT), das heißt, einzelne Begriffe und Grammatikregeln wurden analysiert. Dazu ersetzte RBMT jedes Wort bzw. grammatikalische Struktur der Ausgangsprache mit dem entsprechenden Äquivalent in der Fremdsprache. Die Ergebnisse waren jedoch kaum verwendbar. Jeder, der mehr als eine Sprache spricht, weiß, dass es für viele Begriffe eher schwierig ist, eine einfache Wort-für-Wort-Übersetzung zu finden. Übersetzen wir zum Beispiel das englische Wort „runway“ ins Französische, Spanische und Deutsche. Die Übersetzung im Französischen lautet piste, im Spanischen pista. Doch im Deutschen ist es leider nicht so einfach. Was ist hier gemeint? Die Landebahn, die Startbahn oder gar der Laufsteg? Und das ist nur ein Beispiel für eine Sprache. Jede Sprache hat ihre Besonderheiten, die den Erfolg der maschinellen Übersetzung erheblich erschweren.

Wie ging es weiter?

Der Nachfolger von RBMT war die statistische maschinelle Übersetzung (SMT), die sich etwas größere Texteinheiten vornahm. Mehr als nur einzelne Worte, aber weniger als ganze Sätze. Kurze Formulierungen wurden anhand einer riesigen Datenbank bereits bestehender Übersetzungen analysiert, und die MT spuckte den besten Treffer aus. Also eine außerordentliche Verbesserung. Trotzdem ließen die Ergebnisse noch immer zu wünschen übrig, denn Linguisten übersetzen keine einzelnen Satzteile und fügen diese dann später zusammen. Die durch STM gelieferten Ergebnisse sind zwar besser als RBMT-Übersetzungen, doch aufgrund der vielen Fehler eignet sich STM nur für bestimmte Inhalte, wie einfache Korrespondenz. Für kreative Texte, vor allem aus dem Marketingbereich, dagegen kann SMT kaum eingesetzt werden.

Im Hier und Jetzt

Für eine große Überraschung sorgte die Vorstellung der neuronalen maschinellen Übersetzung (NMT), die sogar noch größere Texteinheiten analysiert, und zwar ganze Sätze. Das Beste dabei ist, dass NMT Texte nicht nur analysiert, sondern auch lernt. Es sind hier nicht die MT-Entwickler, die entscheiden, auf welche sprachlichen Besonderheiten das Übersetzungsprogramm zu achten hat. NMT analysiert bestehende Übersetzungen einer Datenbank (wie bei SMT), lernt und entscheidet dann selbst. Das Programm wertet Begriffe aus und kategorisiert deren Relevanz und wie diese in weiterem Kontext miteinander in Verbindung stehen (und jeder Fachübersetzer kann bestätigen, dass der Kontext in der Regel ausschlaggebend ist). Diese Ergebnisse wendet das Programm dann für neu zu übersetzende Texte an.

Die Zukunft

SMT hat die Branche in den letzten zehn Jahren maßgeblich beeinflusst, und nun hält NMT, das wichtigste Schlagwort der Übersetzungsindustrie im Jahr 2017, sowohl Befürworter als auch Kritiker in Atem. MT-Entwickler sind allerdings schon wieder einen Schritt weiter und feilen an der nächsten Innovation: Deep NMT. Mithilfe neuer Codierungsebenen, bestehend aus kundenspezifischen Glossaren und anderen Ressourcen, soll Deep NMT sogar noch hochwertigere Übersetzungsergebnisse liefern. Die Entwicklung von Deep NMT ist jedoch um einiges aufwändiger im Vergleich zur „oberflächlichen“ NMT, doch die Ergebnisse sind extrem vielversprechend.

Können wir künftig auf SMT verzichten?

Auch wenn die jüngsten Ergebnisse von NMT und Deep NMT äußerst chancenreich sind, viele Probleme, die mit der maschinellen Übersetzung einhergehen, sind noch lange nicht gelöst. Durch NMT können gute, flüssige Übersetzungen erstellt werden, die sich qualitativ erheblich von mit SMT produzierten Zieltexten unterscheiden. NMT eignet sich auch eher für kreative Inhalte, unter anderem aus dem Marketingbereich, und wenn das Programm in Kombination mit einer Datenbank mit bestimmten Inhalten verwendet werden kann, beispielsweise für Bedienungsanleitungen oder technischen Dokumentationen, kann es SMT bei Weitem übertreffen. Fakt jedoch ist: In Bezug auf Übersetzungen allgemein gehaltener Texte schneidet SMT immer noch besser als NMT ab. Jedenfalls bis jetzt.

Können wir künftig auf Sprachexperten verzichten?

Die Antwort lautet ganz klar: Nein. Obwohl NMT und Deep NMT bisher vielversprechende Ergebnisse geliefert haben und NMT-Übersetzungen flüssiger sind als Zieltexte, die mit SMT erstellt wurden, sind wir noch weit davon entfernt, ein neues Zeitalter einzuläuten, in dem der Übersetzer Geschichte ist. Der Großteil der rein durch MT erstellten Texte ist noch immer schwierig bzw. unmöglich zu verstehen, von den sprachlichen Fehlern einmal ganz abgesehen. Die Rolle des menschlichen Fachübersetzers ist und bleibt daher unabdingbar. Obwohl MT-Ergebnisse zunehmend besser werden, müssen Texte immer noch durch Sprachexperten nachbearbeitet werden. Experten, die über exzellente Sprachkenntnisse in Ausgangs- sowie Zielsprache sowie umfangreiche Fachkenntnisse des jeweiligen Themengebiets verfügen.

Letztendlich geht es bei MT nicht darum, den Fachübersetzer über kurz oder lang zu ersetzen, sondern Sprachexperten bei ihrer Arbeit zu unterstützen. Quasi als Hilfsmittel, um die Produktivität von Übersetzern durch die Bereitstellung bearbeitungsfertiger Texte in unserer schnelllebigen Zeit weiter zu steigern.

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